Mir ist aufgefallen, dass hier viele Menschen am Abend an der Straße sitzen. Die Familien sitzen getrennt und halten sich genau an die Rasengrenze, die Erwachsenen halten Abstand, die Kinder aber nicht. Wir gehen ja schon seit Monaten jeden Tag spazieren und wir haben noch nie so viele Menschen draußen gesehen. In manchen Straßen sitzen viele Familen und quatschen, irgendwie auch schön, weil es so unerwartet ist. Manche lernen wahrscheinlich so ihre Nachbarn zum ersten mal richtig kennen. Die Straßen sind voller Kreidemalbilder es ist fast wie zu Hause in Deutschland in einer Spielstraße :-D.
Die Regale werden auch hier langsam leerer, viele Sachen sind rationiert, aber die Leute halten sich daran. Sachen wie Klopapier, Nudeln und Eier gibt es schon seit drei Wochen nicht mehr.
Hier sind viele noch ganz normal draussen unterwegs und wer Abstand haelt bzw. Zeiten mit weniger Menschen auf den Strassen waehlt, hat natuerlich ein weitaus geringeres Risiko andere anzustecken oder selbst zu erkranken. Ich koennte ja noch verstehen, wenn die Kinder in ihren back yards oder meinetwegen auch front yards bleiben. Aber gar nichts und das ist nur ein Beispiel unserer Strasse. Gestern Abend bin ich mit dem juengsten Sohn zum Briefkasten gelaufen. Unsere Siedlung gehoert zu denen, in denen man Sammelbriefkaesten am "Eingang" hat. Der Platz auch da voll mit Kindern und Erwachsenen. Ich denk' mir dann auch, dass da nur einer dabei sei muss, der "nur" carrier ist und schon hat er/sie 10 andere Kinder angesteckt und wenn deren Eltern auch so lasch sind, besucht man dann auch noch die Grosseltern regelmaessig und wundert sich dann in ca. 14 Tagen, wie das nur alles passieren konnte.
Mich nervt halt eben dieses "uns passiert nichts" oder auch diese "ich lass' mir nicht vorschreiben wie ich meinen Alltag mit wem gestalte" Einstellung. Es ist dieser ekelhafte Egoismus, der meiner Meinung nach hier in vielen Bereichen im Vordergrund steht. Egal, wie es anderen geht und wie es andere betreffen mag. Haben die eben Pech gehabt. Survival of the fittest and the richest.
Wenn's diese Egositen aber dann tatsaechlich auch mal trifft, ist der Ruf nach Hilfe umso lauter. Dann werden zig gofundme pages eroeffnet, weil's die Gemeinschaft, auf die man vorher auf gut Deutsch geschissen hat, wieder richten soll.
Das sind die, die sich im Ernstfall doch bitte ganz hinten anstellen sollten und schauen sollten wie sie ohne Spenden und andere Hilfsleistungen zurechtkommen. Da vergisst man dann ganz schnell diese dummen Empfehlungen: just work harder, just get a different job that pays more, etc. Die koennen meinetwegen Haus und Hof verlieren. Ich schicke denen ein paar "thoughts and prayers". Das sollte reichen.