Ja, ist jetzt leider eine Auskotz- Gute Nacht Geschichte geworden... Tut mir Leid.
Natürlich kann man sich umentscheiden - aber dann hilft es, etwas zu unternehmen - und nicht darüber zu jammern, daß die anderen so gemein zu einem sind.
Tue ich doch gerade? Das Ausmaß wurde mir erst mit der Zeit wirklich bewusst. Bzw. ist der Mensch halt fähig mit ausreichend "Schmerzensgeld" eine weile über vieles hinweg zu schauen. Vor allem diejenigen, die sich von diesem Geld abhängig machen.
Zum einen denke ich, daß Du mit Deiner derzeitigen Tätigkeit nichtmal als "Blue Collar" definiert bist. Nur weil man keinen Uni-Abschluß hat, ist man noch lange nicht Blue Collar.
Und dann denke ich, man hat sich mal für einen Berufsweg entschieden - das hatte Gründe. Und dazu sollte man auch stehen.
Natürlich gilt man deswegen nicht gleich als Bluecollar.
Selbst als Mechatroniker hätte ich ja auch z.B. Verwaltungsaufgaben oder evtl. auch schon Richtung IT gehen könne (auch wenn die Mechatronikausbildung generell eher ins Handwerk führt). Wolte ich anfangs aber nicht. Und dazu stehe ich auch. Dachte das hat man aus meinem Text herausgelesen, da ich ja dargelegt habe, warum ich Mechatroniker werden wollte.
ABER, Meinungen können sich ändern im Laufe der Zeit. Und ich bin mit meiner Entscheidung nicht mehr glücklich. Im Prinzip würde ich sogar sagen wollen, ich bin aus meiner Rolle heraus gewachsen. Die Möglichkeiten vernünftig zu verdienen sind in Bluecollarjobs nunmal generell weniger als bei Whitecollar. Und abgesehen davon, will ich im Alter keine körperlichen Jobs mehr machen wollen. Erst Recht nicht Sondermaschinen- oder Flugzeugbau, denn diese sind wirklich nicht der Gesundheit zuträglich. Sowas hatte man alles aber kurz nach der Schule noch nicht vor Augen. Und dadurch dass mir im Prinzip 3 Wege frei standen: Mechatroniker, Grafiker oder Informatiker, finde ich es aktuell besonders lästig, nicht gleich das (für mich) "wirklich Richtige" gewählt zu haben. Das empfinde ich jetzt nicht als ganz so schlimm, wie es hier vielleicht rüber kommt. Andere haben einen deutlich "minderwertigeren" Weg gewählt als ich. Aber ich empfinde es dennoch als Zeitverschwendung, nicht gleich studiert zu haben. Da stünde ich jetzt bereits ganz woanders. Müsste nicht wegen Jobverlust wieder aus der schönen Wohnung ausziehen. Hat sich halt hingezogen diese Erkentniss, eben auch, weil ich anfangs relativ glücklichlich damit war, später zuviel verdient habe, um was wirklich zu ändern (obwohl ich die Gedanken schon Jahre hatte, aber die Bequemlichkeit siegte)
Nur wegen dem Verständniss, warum ich als Bluecollar nicht glückllich bin, denn andere sind es ja auch (vermutlich auch weil sie nichts anderes kennen):
Ich wachse gefühlt in eine Welt hinein, die immer dümmer wird. Das wird sie aber nicht, ich werde mit dem Alter nur allmälig erfahrener, als der Gesamtdurchschnitt (und gehe vielleicht auch mit einem breiteren Sichfeld durchs Leben, als andere). Das klingt arogant, ist es vielleicht auch, ist aber einfach ein Fakt.
Sogar meinem Vater widerfährt genau dies gerade. Der ist zwar sozial harmlos/extrem sympathisch aber Jahrzehnte lang ein Stümper mit schwerem Alkoholproblem, dass ihn vor einigen Monaten sogar beinahe das Leben gekostet hätte (und vor allem seinem Ruf, weil er mehrmals halbtod nach Alkohol und Exkrementen stinkend von der Sraße aufgelesen werde musste). Der war schon zuvor 'ne ganze Weile lang ein typischer "Assi". Eigene Kinder nach der Geburt im Stich lassen, immer umherziehen, die billigsten Jobs machen, Biersaufen, sich rumtreiben. Scheißegaleinstellung, allem gegenüber. Fast schon ein typischer RTL2 Hartz4-Report Kandidat. Dann wurde er älter, hat ein par seiner größten Fehler bemerkt (seine Kinder 2 Jahrzehnte völlig im Stich gelassen zu haben), viel geheult und ist viel zu spät erwachsen geworden (aber immernoch nicht vollständig). Vor allem als er bei Airbus angefangen hat und plötzlich das 3-4 fache wie zuvor verdient hat, hat er sich dann
langsam gewandelt, wenn auch nur wenig.
Der hat auch als Bluecollar angefangen und nach ca. 15 Jahren endete seine Karriere dort als Whitecollar (weil er seinen Job überdurchschnittlich gut gemacht hat und konnte wahnsinnig gut mit Zahlen umgehen, ein Talent von dem er vorher nichts wusste, weil er es zuvor nie gebraucht hat). Nach seinem Rausschmiss (den er eigentlich nur wegen unnötiger Panik vor einem Jobverlust + Alkohol selbst zu verantworten hatte, weil er Angst um sein noch nicht abbezahltes Wohneigentum hatte, davor wieder ins alte Leben zurück zu fallen und wegen körperlicher Probleme auch keine Bluecollarjobs mehr machen will), ist der fast am Alkohol zu Grunde gegangen.
Er musste in die Notaufnahme, hatte einen Alkoholentzug (wovon er auch tatsächlich immernoch nachweisbar die Finger lässt) und ist jetzt, obwohl er ein knallharter Stadtmensch ist, erstmal notdürftig bei seiner (ihm zuvor entflohenen) Freundin in sein Heimatdorf zurückgekehrt. Er begnet nun dort zwangsläufig immer wieder Leuten, die er aus seiner weit vergangen Zeit dort kannte und erzählt mir ständig, wie extrem primitiv und zurückgeblieben diese seien, weil aus diesen einfach nichts geworden ist und er mit den Leuten nichts mehr anfangen kann, obwohl er selbst mal genauso war. Er bekommt so viel Arbeitslosengeld, wofür dort 3-4 Leute jeden Tag mindestens 8 Stunden hart im Dreck wühlen müssen. Dabei ist er selber noch weit von einem Akademiker entfernt und wird auch niemals zu einem werden (seine eigene Aussage).
Und das ist einfach exakt das, was mir ein par Jahre zuvor bewusst geworden ist. Ich wachse aus meiner derzeitigen Position heraus. Immer schneller. Ich fühle mich dort nicht mehr wohl. Vor allem der Wechsel von ... meinem ersten zum zweiten Standort bei Airbus hat mir gezeigt, was es für unfassbar primitive Menschen gibt, die Flugzeuge zusammenschrauben. Einfach weil man dafür nicht viel können muss, ausser einem absolut minimalistischem Verständniss für Verantwortung und keine zwei linken Hände. Die Leute sind dort nicht viel "wert". Weder physisch noch intellektuell muss man was auf dem Kasten haben und das merkt man ihnen auch massiv an (viele kommen vom Bau). Rülpsend, furzend, schreiend, wie aus dem Irrenhaus entsprungen (und das ist wirklich keine Übertreibung!) schrauben die da Flugzeuge zusammen, und hören dabei extrem laut Musik, wo ich zuvor nicht wusste, dass es so schreckliche Lieder überhaupt gibt. Völlig anders als am Standort zuvor (aber das war auch ein Vorzeigeprojekt in Kleinserie, wo neue Technologien ausprobiert wurden und bereits die Leute dort waren schon "mangelhaft").