US-Bewerbung: Immer schön hartnäckig bleiben

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US-Bewerbung: Immer schön hartnäckig bleiben
Von Sebastian Moll
21.05.2011


Nachhaken gilt nicht als nervig, und in den Lebenslauf gehört nicht der Familienstand - wer sich bei einem US-amerikanischen Unternehmen bewirbt, kann leicht über ein paar kulturelle Unterschiede stolpern. Die wichtigsten im Überblick.

Amerikanische Arbeitgeber, das hat eine Studie ergeben, schenken einer neuen Bewerbung im Durchschnitt nur 15 Sekunden ihrer Aufmerksamkeit. Wenn die Bewerbung in diesem kurzen Zeitraum nicht ihr Interesse geweckt hat, dann landet sie im Abfall. Darauf sollte die gesamte Bewerbung ausgerichtet sein.


In der Regel geschieht dies über ein Anschreiben und einen Lebenslauf, auf Englisch "Cover Letter" und "Resume". Der Cover Letter sollte nicht mehr als drei oder vier Absätze lang sein und bereits im ersten Absatz prägnant alle wichtigen Informationen liefern.

Das Resume sollte ebenso zugespitzt werden. Es sollte auf keinen Fall länger als zwei Seiten sein und keine Informationen und Qualifikationen erhalten, die nicht für den jeweiligen Job relevant sind.

Papierbewerbungen mit Zeugnissen und Fotos sind in den USA praktisch überhaupt nicht mehr üblich. Anschreiben und Resume werden per Email verschickt. Ist die Bewerbung erst einmal abgeschickt, erwartet der Empfänger, dass man von sich aus nachhakt. Man sollte der betreffenden Person drei oder vier Tage Zeit lassen, die Unterlagen zu lesen.

Man darf aber nicht erwarten, dass er oder sie sich von sich aus zurück meldet. Beharrliches, aber höfliches Nachfragen per Telefon wird nicht als penetrant empfunden, sondern als professionell. Es zeigt, dass man wirklich ein großes Interesse an der betreffenden Stelle hat.


Cover Letter - Drei Absätze, die den Job bedeuten

Dem Cover Letter kommt eine herausragende Bedeutung zu: Wenn die entscheidenden 15 Sekunden vorüber sind, wird er das einzige sein, was der Personaler von Ihrer Bewerbung gelesen hat. Das Anschreiben muss deshalb auf einen Blick davon überzeugen, dass der Bewerber für die Position in Frage kommt und dass es sich lohnt, den beigefügten Lebenslauf zu lesen.

Der Cover Letter hat üblicherweise nicht mehr als drei oder vier Absätze. Im ersten Absatz teilt man dem Leser mit, warum man ihn anschreibt. Im zweiten und dritten Absatz erklärt man, warum man für eine ausgeschriebene Stelle die richtige Besetzung ist. Der Schlussabsatz verweist schließlich auf das beigefügte Resume und teilt präzise mit, in welchem Zeitraum man nachhaken wird. Schließlich bedankt man sich förmlich für die Aufmerksamkeit und die Zeit, die der Leser für die Bewerbung aufwendet.

Im Eröffnungsabsatz sollte stehen, auf welche Position man sich bewirbt und warum man sich für diese Stelle interessiert. Dabei hat man die Gelegenheit zu demonstrieren, dass man seine Hausaufgaben gemacht hat und etwas über das Unternehmen weiß. Eine gute Formulierung wäre beispielsweise:

"I am inspired to pursue my marketing interests at XY due to its reputation as a prestigious, innovative and growing company in liability policies."

(Ich möchte meine Marketingkarriere bei XY fortführen, weil die Firma einen hervorragenden Ruf als innovatives und expandierendes Unternehmen auf dem Gebiet der Haftpflicht-Policen hat.)


Der zweite Absatz ist der Kern des Anschreibens. Hier überzeugen Sie den potenziellen Arbeitgeber davon, dass Sie der oder die Richtige für den Job sind. Dabei kommt es auf darauf an, konkret auf die Anforderungen in der Stellenausschreibung einzugehen und überzeugend darzulegen, warum Sie diese Anforderungen besonders gut erfüllen.

Harte Fakten über weiche Qualifikationen

Außerdem sollten Sie auf das eingehen, was in den USA "intangibles" genannt wird - weiche Qualifikationen. Seien Sie dabei nicht schüchtern in der Selbstdarstellung. Beispielsweise könnten Sie schreiben:

"Through challenging leadership positions, I have developed a strong sense of responsibility, effective interpersonal skills and the ability to contribute to teamwork, even in high pressure environments."

(Ich habe in anspriuchsvollen Führungspositionen ein starkes Verantwortungsbewusstsein, einen effektiven Umgang mit Mitarbeitern und die Fähigkeit zum Teamwork erlernt - auch in einem Umfeld, in dem großer Druck herrscht.)


Für Deutsche besonders wichtig: Der Arbeitgeber muss für einen deutschen Mitarbeiter die Visumsangelegenheiten regeln und es könnte sein, dass er vor dem bürokratischen Aufwand zurückschreckt. Versuchen Sie diese Bedenken so weit wie möglich auszuräumen.

Wenn Sie bereits ein Arbeitsvisum oder gar eine Green Card besitzen, dann schreiben Sie dies in den Cover Letter. Wenn Sie keines von beiden haben, dann geben Sie das offen zu und versichern der Firma, dass der Vorzug ihrer Qualifikation für das Unternehmen den bürokratischen Aufwand bei Weitem überwiegt.


Resume - Leistung schlägt Position

In der Regel soll das Resume nicht länger sein als ein oder maximal zwei Seiten. Es gehört nichts in diese Aufstellung, was nicht für die Stelle relevant ist.

Persönliche Informationen wie Geschlecht, Größe, Gewicht, Familienstand oder ethnische Herkunft sind in den USA komplett tabu. Amerikanische Arbeitgeber dürfen von Gesetzes wegen keine Anstellungsentscheidungen auf der Grundlage solcher Attribute treffen.

Das Resume wird eingeleitet von einem Absatz, in dem knapp die Qualifikationen des Bewerbers zusammengefasst werden. Diese Einleitung besteht oft nur aus einem einzigen Satz. Ein solcher Satz kann lauten:

"Recent business school graduate with nine months of experience in the online advertising industry, coupled with an understanding of market analysis and positioning."

(Betriebswirtschafts-Absolvent mit neun Monaten Berufserfahrung in der Online-Werbung sowie mit Kompetenzen in Marktanalyse und Markenpositionierung.)


Durch einen solchen Absatz sieht der Leser innerhalb weniger Sekunden, mit wem er es zu tun hat. Auf den einleitenden Satz oder Absatz folgt eine Zusammenfassung der Berufserfahrung. Hier sollte in wenigen Punkten exakt die Qualifikation aufgeführt werden, die für die angestrebte Position relevant ist. Dabei sollten nicht so sehr Stellungen aufgelistet werden, als vielmehr Tätigkeiten oder Projekte. Eine Bewerberin auf eine führende PR-Stelle schreibt etwa:

"Created executive thought leadership platform for chairman of XY that resulted in placement on panel at World Economic Forum at Davos."

Anstatt zu schreiben, dass sie bei der Firma XY als PR-Chefin gearbeitet haben, stellt sie damit lieber ihre herausragende Leistung in dieser Position dar. Schreiben Sie in diese kurze Liste auch selbstbewusst ihre Stärken hinein. "Skilled negotiator" - bei Verhandlungen versiert - beispielsweise.

Erst nach der Übersicht die lange Liste

Auf die Zusammenfassung folgt eine chronologische Aufstellung der beruflichen Stationen. Die neueste Stellung steht dabei an erster Stelle. Schreiben Sie zuerst die Firma, dann die Stellung und am Ende den Zeitraum auf. Beispiel: XY Communicators, Inc, New York, N.Y. Managing Director, Senior Strategist, 2004-present. Unter jeder Position steht dann eine Liste der Aufgaben und Verantwortlichkeiten.

Schließlich folgt der Abschnitt, in dem die Ausbildungsstationen aufgeführt werden. Aufgeführt werden sollten nur Hochschulabschlüsse und Berufsausbildungsabschlüsse mitsamt dem erworbenen Grad oder Titel und dem Jahr des Abschlusses. Die Namen deutscher Hochschulen sollte man auf Deutsch belassen.

Den Abschluss des Resumes bilden Aktivitäten, die sie zusätzlich für relevant halten. Das kann eine Auszeichnung sein oder ein ehrenamtliches Engagement. Zusatzqualifikationen, die von Nutzen sein könnten, sollten in jedem Fall erwähnt werden, wie etwa Fremdsprachen oder spezielle Softwarekenntnisse.


Job Interview - Locker im Ton, hart in der Sache

Sie haben es durch ein überzeugendes Anschreiben und einen sorgfältig zusammengestellten Lebenslauf geschafft, bei einer amerikanischen Firma zum Interview eingeladen zu werden. Jetzt hängt alles von dem Eindruck ab, den Sie bei diesem kurzen, aber entscheidenden Treffen hinterlassen.

Insbesondere bei großen Firmen gehen amerikanische Job-Interviewer sehr systematisch vor. Der zukünftige Arbeitgeber will genau wissen, ob Sie für die offene Stellung wirklich der Beste sind. In der Regel versucht ein amerikanischer Personaler dies herauszufinden, in dem er die Anforderungen des Jobs genau analysiert. Er wird sich eine Liste dieser Anforderungen machen und sie bei Ihnen eine nach der anderen abfragen. Das geht von der inhaltlichen Kompetenz bis hin zu Führungsqualitäten, Teamfähigkeit, Arbeitsdisziplin und Motivation. Die beste Vorbereitung auf das Interview ist deshalb, sich vorab genau zu informieren, was der Job beinhaltet und was von Ihnen gefordert wird.

Eine einmalige Gelegenheit

Der Dress-Code zu einem Interview ist immer förmlich. Absolute Pünktlichkeit ist eine Selbstverständlichkeit.

Die allgemeine Struktur des Interviews ist gewöhnlich simpel. Man beginnt mit Small Talk, um die Atmosphäre zu lockern. Das hindert den Interviewer jedoch nicht daran, anschließend harte Fragen zu stellen. Man wird mit Ihnen Ihre Karrierestationen durchgehen und dabei genau nachfragen, ob Sie dort tatsächlich die für den aktuellen Job geforderten Fähigkeiten erworben haben.

Der Interviewer wird sowohl auf Ihre Antworten achten, als auch auf die Art und Weise, wie Sie diese geben. Vor allem, wenn Sie tatsächlich ein ernsthafter Kandidat für den Job sind, wird man Sie deshalb auch Stressfragen unterziehen. Auch dann noch sollten Sie den Eindruck erwecken, dass dieser Job für Sie eine einmalige Gelegenheit ist.


Quelle: Spiegel
 
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