My life in the US - von Anja

Admin

Administrator
Teammitglied
Administrator
29.08.2011


Habe mich entschlossen einen Blog zu schreiben, auch als Tagebuch fuer mich.
Seit 8 Tagen bin ich nun hier :usa Alles ist neu und aufregend, denn schon jetzt merkt man, dass das Leben hier doch anders ist, als ein paar Tage Urlaub hier und da.

Nach einem Horror-Flugzeug-Trip mit Umkehren wegen technischen Defekts und insgesamt 5 stuendiger Verspaetung sind meine Tochter und ich endlich um 11 Uhr nachs in Rochester gelandet.

Die ersten Tage habe wir damit verbracht, Koffer und Kisten auszupacken, Telefone zu besorgen, Geschaefte abzuchecken (hauptsaechlich nach vegetarischem Fleisch) und einigem anderen buerokratischen Kram.

Direkt am Dienstag hatte ich einen Termin bei der school administration gemacht, um meine Tochter an der Schule anzumelden.
Wir mussten tausend Formulare ausfuellen, ihre Zeugnisse wurden kopiert.
Interessant fanden wir, dass wir die Hautfarbe angeben mussten....haben uns gefragt, wofuer? :)
Und schliesslich waren wir uns einige, dass es wahrscheinlich einfach nur statistische Zwecke sind.

Uns wurde dann gesagt, dass Sandras Akte jetzt zum counseling office geschickt wird, die melden sich dann bei uns und machen einen Termin, um ihren Stundenplan zu besprechen.

Das passierte dann gestern, wir haben dann fuer den gleichen Tag einen Termin gemacht.
Den Counselor kannten wir schon vom letzten Jahr, als Sandra die Highschool mal probeweise besucht hat.
Er war supernett, hat sich zwei Stunden Zeit fuer uns genommen, uns die ganze Schule gezeigt, den Stundenplan mit uns ausgearbeitet. Echt super.
Sandra hat sich dann fuers Tennisteam angemeldet, uns wurde gesagt, dass sie schon vor 1 Woche angefangen haben zu trainieren, aber sie koennte noch dazustossen und heute um 8 Uhr morgens waere Training, da sollte sie doch gleich mal hingehen.
Hat sie auch gemacht, jetzt ist fast 11 Uhr und sie ist immer noch nicht wieder da :)

Die Schule ist super, riesige Sportanlagen, davon allein vier Tennisplaetze.
Die Schule selbst ist wie im Fernsehen, wie man es aus den Teeniefilmen so kennt.

Bin mal gespannt, was sie so erzaehlt, wenn sie gleich wiederkommt.
to be continued....


Um halb 12 war sie wieder da.......
3 Stunden Training, morgen das gleiche nochmal und am Freitag gleich ein Spiel.

Waehrend der Schulzeit jeden Tag 1,5 Stunden Training, von 3 bis halb 5.
Ufffff
Und man unterschreibt einen training rules contract und einen code of conduct, Himmel nehmen die das hier ernst.

Aber sie will es mal ausprobieren, war zwar wohl anstrengend, hat aber auch Spass gemacht.:)
 

Admin

Administrator
Teammitglied
Administrator
am 01.09.2011 um 20:37 (1784 Hits)

Hab mir ueberlegt, ich unterteil mal ein bisschen, damit nicht jeder alles lesen "muss" und den fuer ihn langweiligen Part auslassen kann:

Handy

Zunaechst einmal, es gibt keine biliigen Handyvertraege (jedenfalls habe ich keine gefunden).

Prepaid ist auch nicht wie bei uns, sondern man bezahlt trotzdem eine Pauschale im Monat, je nachdem was man haben moechte, unlimited texting, calling und/oder data (internet).
Der einzige Unterschied zu den Telefonvertraegen ist, dass man sie jeden Monat erneuern muss bzw. auch jeden Monat damit aufhoeren kann.
Es gibt auch "phone as you go", das ist mit unserem prepaid zu vergleichen, macht aber eigentlich keiner, der sein Telefon oefter mal benutzen will, denn dann zahlt man jeden einzelnen Anruf, text message oder Internetauftruf und das ist ganz schoen teuer.

Die prepaid phones bekommt man zwischen 30 iund 60 Dollar im Monat, je nachdem was man haben will.
Die Telefone sind....naja, nicht so toll, reicht aber, wenn man keine hohen Ansprueche stellt.

Die Vertraege schliesst man, wie in Deutschland, fuer 2 Jahre ab und bekommt dann auch eine Preisreduzierung fuer das Telefon.
Man muss ein Telefon kaufen, das vom jeweiligen Anbieter ist,. Hast du einen Verizon Vertrag, brauchst du auch ein Verizon phone, genauso bei T-Mobile, boost, AT&T und wie sie alle heissen.

Wir haben uns fuer Verizon entschieden, da mein Goettergatte schon dort ist und wir aus seinem einzelnen Plan jetzt einen Familienplan gemacht haben. Ist zwar recht teuer, aber hat wohl eine sehr gute Netzabdeckung im Gegensatz zu den anderen Anbietern.

Sandra hat sich ein Verizon phone bei Amazon bestellt, weil sie die Telefone in den Verizon shops hier nicht so toll fand, es darf nicht gelockt sein und nicht aelter als Baujahr 2001 (was ja locker zu schaffen sein sollte, so'n alten Knochen kauft ja keiner). Mein Telefon kann texten, hat eine Kamera und .... oh Wunder, man kann sogar damit telefonieren... :wohoo

Die ganze Telefongeschichte war ein richtiges Drama, denn mach mal zwei Telefonverwoehnten deutschen Frauen klar, dass Telefonieren jetzt teuer wird, wir mussten da erst mal durchsteigen und ich habe ein paar Tage gebraucht, bis ich Durchblick hatte, Greg war ueberaus genervt und wollte nachher das Wort Telefon nicht mehr hoeren....
Aber hallo? Wenn ich mich fuer 2 Jahre festlege, moechte ich zumindest ein bisschen Bedenkzeit haben....

Schule und Sport

Die Anmeldung zum Tennisteam hat meine Tochter recht unbedarft gemacht, nichts ahnend, dass hier alles ein "bisschen" ernster genommen wird, als in Deutschland.

Tennisteam heisst:
Schon in den Ferien mit dem Training anfangen und gegen andere Highschools antreten, Training dauert 3!!!! Stunden, waehrend der Schulzeit wird dann pro Tag auf 1,5 Stunden reduziert oder aber man hat ein Spiel gegen eine andere Highschool, da ist man dann erst um 9 oder 10 Uhr zu Hause...und dann noch Hausaufgaben.....uffff

Man unterschreibt einen Vertrag:
1. Schulnoten duerfen nicht darunter leiden, ansonsten wird sofort Strafarbeit, sprich Nachhilfe verordnet.
2. No drugs, no alcohol, no tobacco....ansonsten Strafen, die auch Auswirkungen aufs ganz Schuljahr haben
3. Man darf sein Team nicht im Stich lassen, wenn man dem Team beitritt gibt es nicht nur Spass am Tennisspielen, man verpflichtet sich, immer zum Training zu kommen und jedes Spiel mitzumachen, nur in Ausnahmefaellen darf man mal fernbleiben.
Auch das gibt gleich Strafen, denn das schadet dem Team und das geht gar nicht.

Schule und Freunde

Sandra hat, seit sie im Tennisteam ist, 12 neue Freunde auf Facebook. Alle feuern sie an, wenn sie einen guten Ball geschlagen hat und alle sagen: "good try" wenn's mal daneben geht.
Gestern wurde sie von einem Senior in der Highschool rumgefuehrt (Orientation for new pupils) und gleich schreiben die beiden auf Facebook und das Maedel hat ihr angeboten, falls das Training mal verschoben wuerde, duerfte sie gerne bei ihr zu Hause vorbeikommen und muesste nicht wieder den langen Weg nach Hause fahren, denn sie wohne ja direkt neben der Schule.

Alle sind hier sehr aufgeschlossen und sehr hilfsbereit. :drueck

Post

Ich dachte immer, dass der Brieftraeger das rote "Faehnchen" hochmacht, wenn er Post bringt....falsch gedacht:

Wenn man moechte, dass die eigene Post abgeholt wird, dann steckt man sie einfach in den Briefkasten und macht das Faehnchen hoch, dann weiss der Brieftraeger, da ist Post drin, die muss ich mitnehmen.
Und ich hab mich schon gewundert, dass es hier so wenige Briefkaesten gibt und dachte, man muss die Post zum post office bringen...
wieder was gelernt :applaus
 

Admin

Administrator
Teammitglied
Administrator
am 03.10.2011 um 04:27 (3419 Hits)

Huhu meine Lieben :winke

Ich schreib mal ein bisschen in meinem Blog weiter:

Schule und eine schwerwiegende Entscheidung


Ich hab's ja schon in mehreren Beitraegen angedeutet, waehrend es mir sehr gut geht, geht es meiner Tochter immer schlechter.

Da sie ja den Wunsch geaeussert hat, in 2 Jahren wieder nach Deutschland zu gehen, um dort zu studieren, dachten wir, dass es eine gute Moeglichkeit waere, keine Zeit zu verlieren (in 2 Jahren haette sie ja Abitur gemacht), wenn wir sie beim IB Programm anmelden.

Dies haben wir auch gemacht.
Ihr Stundenplan ist fuer jeden fast Tag gleich:

A Tag:
IB Arts
IB French
IB English
IB Math Methods
IB Theory
Lunch
Gym
IB Biology
IB Biology

B Tag
IB Arts
IB French
IB English
IB Math Methods
Study Hall
Lunch
Gym
IB History
IB History

Das Doppelstundensystem, das wir von Deutschland gewohnt sind, gibt es hier nicht. Die Stunden sind genau 43 Minuten lang und zwischen jeder Stunde gibt es eine Pause von 4 Minuten, um in den naechsten Klassenraum zu hetzen.

Jeder Lehrer gibt jeden Tag Hausaufgaben auf und zwar nicht zu knapp.
English fing an mit einem Text von Ralph Waldo Emerson ueber Self-Reliance. Wenn ihr Lust habt koennt ihr euch den Text ja mal im Internet angucken und versuchen ihn zu verstehen, ich dachte immer, mein Englisch waere ganz gut, aber das hat mich dann doch an die Grenzen gebracht.
Gott sei Dank haben wir im Internet eine Uebersetzung ins "moderne Englisch" gefunden, ohne die waeren wir total untergegangen.

In Mathe versteht meine Tochter zurzeit nur Bahnhof und ich muss sagen, auch da komme ich an meine Grenzen und kann ihr nicht mehr helfen.

Ueber das Tennisteam hatte ich ja schon ein bisschen geschrieben, nimmt wahnsinnig viel Zeit in Anspruch, jeden Tag nach der Schule ist entweder Training oder ein Spiel und das heisst, dass Sandra zwischen 5 und 8 Uhr abends zu Hause ist und dann muss sie noch Hausaufgaben machen, oft sitzt sie bis 12 oder I Uhr daran und um halb 6 klingelt schon wieder der Wecker.

Sie wirkte nach der ersten Schulwoche schon gestresst, letzte Woche hat sie schon ein paar Mal geweint, weil sie voellig ueberfordert war und heute war dann der Supergau. Sie weinte, dass sie einfach nicht mehr kann. Das war wirklich ein furchtbarer Moment. Ich hatte das Gefuehl, dass sie kurz vorm Burn-out stand.

Wir haben dann ein sehr langes Gespraech gefuehrt und eine (hauptsaechlich fuer mich) sehr schwere Entscheidung getroffen.
Wir haben uns entschlossen morgen mit dem Counselor der Schule zu sprechen und sie aus dem IB-Programm herauszunehmen.
Das heisst, dass sie versuchen will, ins Senior year zu kommen und einen normalen High school Abschluss zu machen und dann zurueck nach Deutschland zu gehen und dort ihr Abitur auf dem Internat zu machen.
Ich hatte ja gehofft, dass sie vielleicht doch Gefallen an dem Leben hier findet und bei mir bleiben will und nun wird es wohl so sein, dass sie sogar noch ein Jahr frueher nach Deutschland zurueckgeht.
clip_image004.gif


Aber ich muss sagen, ich habe meine Tochter noch nie so freudlos und verzweifelt gesehen, mit dicken Raendern unter den Augen und total blass.
Heute habe ich sie endlich mal wieder lachen sehen und singen gehoert, das war ein tolles Gefuehl und hat mich in dem Gefuehl bestaerkt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.

Die Schule hier ist auch ganz anders, als wir es von Deutschland gewohnt sind.
Ueberall in der Schule laufen Security guards herum, es ist in der Schule verboten, sich in den Gaengen aufzuhalten und die Security guards sorgen dafuer, dass das auch eingehalten wird.
Man darf nicht einmal am Spind auf jemanden warten. Es ist nur erlaubt von Klasse zu Klasse zu gehen. Die Pausen finden ausschliesslich im Schulgebaeude statt, entweder in der Cafeteria (Lunch) oder Study Hall in einem Raum, in dem man nur ruhig lesen und Hausaufgaben machen darf, die Pausen sind auch nicht fuer alle gleich, sondern fallen je nach Stundenplan an, manche haben in der 3., manche in der 4. oder in der 5. Stunde Lunch, manche auch gar nicht, wenn sie mehr Faecher gewaehlt haben.

Die einzigen Faecher, die meiner Tochter richtig Spass machen sind Franzoesisch (da ist sie die beste in der Klasse, die Klasse besteht aus Juniors und Seniors, die Lehrerin wollte sie in die Senior Klasse stecken, weil sie bei den Juniors voellig unterfordert waere, aber das ging leider nicht) und IB Theory (das ist so ein bisschen aehnlich wie Philosophie, aber ohne schwere Texte, es ging zum Beispiel um unterschiedliche Wahrnehmung und das Hoehlenbeispiel von Sokrates wurde besprochen).
In Englisch und Geschichte kommt sie ganz gut mit, aber nur mit einem Riesenaufwand an Arbeit zu Hause.
Biologie und Mathe sind ihre Hassfaecher.

Wobei ich muss ganz ehrlich sagen, wenn ich den Mathelehrer jeden Tag ertragen muesste, waere das fuer mich schon ein Grund, das Land zu verlassen oder zum Moerder zu werden (ein voellig selbstgerechter, selbstverliebter Spassvogel, der mir am "open house day" der Schule schon so auf den Keks gegangen ist, dass ich am liebsten den Klassenraum verlassen haette.).
Seine Website heisst :"Mr. Reuters Super Duper Website" - das sagt doch schon alles, oder?

Die letzten Wochen habe ich nach der Arbeit damit verbracht, meiner Tochter bei den Hausaufgaben zu helfen, so gut ich konnte, und sie seelisch wieder aufzubauen.
Daher war ich auch nicht so viel online hier.

Job - Mitarbeiterversammlung, die zum Nachdenken anregt

Nun mal zu mir und meinem Job

Ich hab ja erzaehlt, dass mir mein Job, obwohl es ja nur Wuerstchen verpacken ist, dennoch Spass macht und die Leute sehr nett sind und auch die Arbeitsathmosphaere.

Am Donnerstag letzte Woche hatten wir dann ein "staff meeting" bei dem ich echt gedacht habe, ich bin im falschen Film.
Fing eigentlich ganz normal an, mir wurde erklaert, dass das Treffen einmal im Monat stattfindet, um Fehler auszuraeumen und zu diskutieren, Fragen zu beantworten, den Mitarbeiter des Monats zu benennen, und die Mitarbeiter zu motivieren usw.

Soweit so gut.
Und dann ging es los.
Es wurde ein Text vorgelesen: Winner vs. Loser

Ich hab's euch mal kopiert:

A winner is always part of the answer.
A loser is always part of the problem.
A winner always has a plan.
A loser always has an excuse.
A winner says: "Let me do it for you."
A loser says: "That is not my job."
A winner sees an answer for any problem.
A loser sees a problem for any answer.

A winner sees a green near every sandtrap.
A loser sees two sandtraps near every green.
A winner says: "It may be difficult but it's possible."
A loser says: "It may be possible but it's too difficult."

Dann wurde dieser Text mit dem Satz geschlossen:

LET US BE A WINNER!!!

Idiotische Fragen wurden gestellt, bei dem sich die Mitarbeiter melden sollten, ich kam mir vor wie im Kindergarten.

Dann wurde noch mal betont, wie dankbar wir doch sein muessten, dass wir bezahlte Feiertage haetten, aber natuerlich muessten wir das auch ein bisschen vor und nacharbeiten, das waere ja selbstverstaendlich, und wer das nicht wollte....man muesste die Feiertage ja nicht bezahlen, nach dem Gesetz koennten sie ja den Laden einfach dicht machen und wir wuerden kein Geld bekommen.

Ich dachte nur, wenn ich dir jetzt dafuer drei mal am Tag die Fuesse kuessen muss, dann kriege ich den Tag lieber nicht bezahlt.

Ich kam mir ein bisschen vor, wie in so einer Sekte oder wie bei so einer Walmart Veranstaltung fuer Mitarbeiter (da hatte Emmaglamour mal so ein Video geposted) oder wie beim Film "Der Scheinheilige" mit Steve Martin.

Ok, das aendert jetzt nichts daran, dass ich trotzdem gerne dort zur Arbeit gehe, aber gab mir zu denken und zeigt auch ein bisschen, wie das hier in Amerika teilweise laeuft.

to be continued...... :usa
 

Admin

Administrator
Teammitglied
Administrator
am 19.02.2012 um 17:52 (1607 Hits)

Lang, lang ist's her seit ich das letzte Mal geschrieben habe.

Was hat sich veraendert?
Meiner Tochter geht es hervorragend.
Ihre schulischen Leistungen sind unglaublich gut, obwohl sie immer noch 3 IB Faecher hat, hat sie einen Durchschnitt von 95,6 %. Finde ich super und bin sehr stolz.
Sie trifft sich auch inzwischen mit vielen Leuten hier und empfindet die Schule nicht mehr als so eine schlimme Belastung.
Trotzdem steht die Entscheidung immer noch, zurueck nach Deutschland zu gehen. Wir haben einen Flug fuer uns beide gebucht, Ende Juni, one way fuer meine Tochter und return flight fuer mich
clip_image001.gif

Meine Gefuehle sind gemischt, ich freue mich unglaublich auf 2 Wochen Deutschland, bin unglaublich traurig, meine Tochter wegzugeben und freue mich riesig fuer sie, dass sie in ihre Traumschule zurueckdarf und ihr Leben so leben darf, wie sie moechte.
Wir verstehen uns so gut wie nie, und sie weiss, dass ich hier alles stehen und liegen lasse, falls sie mich in Deutschland braucht.

Und nun bei mir? Gar nicht so einfach, sich zusammenzuraufen, wenn man so lange allein gelebt hat und so seine Gewohnheiten hat.
Greg und ich haben ein paar Hoehen und Tiefen erlebt in dem halben Jahr. Ist eben doch was anderes, wenn man zusammen lebt und sich jeden Tag sieht.
Was ihn am meisten stoert ist, wenn Sandra und ich Deutsch reden, denn dann fuehlt er sich ausgeschlossen und denkt, dass wir ueber ihn reden.
Aber wenn wir am Abend zusammen beim Essen sitzen und Englisch sprechen und dann eine Frage an Greg stellen, kommt zu 80 % : What was that? What did you ask, honey? So dass wir denken, wenn er eh nicht zuhoert, wieso sollen wir dann Englisch reden. Und manchmal tut es eben auch gut, einfach so von der Seele wegzureden und mal nicht Englisch zu sprechen, schliesslich muessen wir das den ganzen Tag in der Schule und bei der Arbeit.
Was mich am meisten stoert sind Gregs Stimmungsschwankungen. Alles ist super, und auf einmal faengt er aus dem Nichts einen Streit an, meistens ueber Nichtigkeiten, dann knallt er Tueren und flucht ganz furchtbar. Damit kann ich gar nicht umgehen, fuer mich muss immer alles ausdiskutiert werden, wenn mich was stoert, dann sage ich das. Bei mir staut sich auch nichts auf, denn ich warte immer hoechstens einen Tag bis ich sage, was mir nicht passt und lasse es nicht so lange in mir drin.
Greg scheint alles in sich reinzufressen und dann bringt ein kleiner Tropfen das Fass zum Ueberlaufen. Und manchmal habe ich das Gefuehl, es ist auch einfach nur, um ein Drama anzuzetteln, und da ich ein harmoniesuechtiger Mensch bin, kann ich damit gar nicht umgehen.
Tausendmal haben wir schon darueber gesprochen, ist ja nicht so, als wenn das erst hier aufgetaucht ist, das war auch schon so, als wir noch telefoniert haben, aber eben nicht so oft. Dann ist er beleidigt, du denkst, das war's jetzt, aber am naechsten Tag ist alles wieder gut, obwohl man nicht mal drueber gesprochen hat.
Aber trotz druebber reden, geaendert hat sich nie etwas.
Und dann haben wir vor etwa 3 Wochen ein langes Gespraech gehabt, und da habe ich ihm gesagt, dass ich nicht weiss, wie lange ich das noch aushalten kann, ich kann damit nicht umgehen, das ist fuer mich Kindergarten, Tueren knallen und beleidigt sein habe ich als Kind gemacht, ich finde, aus dem Alter sind wir raus. Und das hat ihn tief beeindruckt und er hat Angst bekommen, mich zu verlieren. Er hat mir gesagt, dass er nicht weiss, warum er manchmal so reagiert, fuer ihn war das ganz letzte Jahr (aus anderen Gruenden, hat nix mit meiner Auswanderung zu tun) nicht einfach und er hat unglaubliche Stimmungsschwankungen und es tut ihm leid, dass er das an mir ausgelassen hat. Nun laeuft alles wieder super und wir sind gluecklich, wie am Anfang.

Jobmaessig habe ich ja im Forum schon ein bisschen geschrieben, war es recht turbulent die letzten Wochen und ich hatte schwerwiegende Entscheidungen zu treffen.

Zurzeit arbeite ich ja immer noch in der Verpackung von Wuerstchen und Schinken etc. und habe mich immer weiter nach neuen Jobs umgeschaut, aber wo auch immer ich mich beworben habe, habe ich nie eine Antwort erhalten, das einzige was kam, waren Jobangebote von Versicherungen, bei denen man auf Provisionsbasis arbeitet, nein danke, mein Gehalt ist zwar nicht hoch, aber es ist sicher und kommt jede Woche brav auf mein Konto.

Und dann kam auf einmal eine Email aus dem Nichts von einer Firma in Rochester, die mein Resume auf einer Jobseite gefunden hat und mir einen Job im Buero angeboten hat.
10,50 Dollar pro Stunde und eine Bonuszahlung von 750 Dollar pro Monat, aufgrund meiner languageskills in Deutsch. Das waeren umgerechnet ca. 14,80 Dollar pro Stunde gewesen, schlappe 4,80 mehr als ich jetzt verdiene.
Ich bin zum Vorstellungsgespraech hin und hab den Job sofort angenommen, weil die alle so nett da waren und der Job sich superinteressant angehoert hat. Waeren zwar Arbeitszeiten von 4 Uhr morgens bis 1 Uhr mittags gewesen, aber das aufgrund der Zeitverschiebung mit Deutschland, denn ich haette deutsche Kunden zu betreuen gehabt neben den amerikanischen.

Freitags hatte ich das Vorstellungsgespraech und Montags bin ich dann gleich zu meinem Chef gegangen und wollte kuendigen, aber dann hat er gesagt, das haette er noch nie jemandem gesagt, aber er moechte mich auf keinen Fall gehen lassen.
15 Dollar koennte er mir nicht anbieten, aber 13 Dollar und die Option auf Gehaltserhoehung in den naechsten Monaten, wenn ich meine Arbeit gut mache, und er moechte mich im Buero haben, das wollte er schon lange, aber haette wohl einen "push" wie dieses Gespraech gebraucht, das auch endlich durchzuziehen.
Er wolle mir ein eigenes Buero geben und einen Computer und Schreibtisch fuer mich bestellen und ich sollte mir doch gut ueberlegen, ob ich nicht doch dableiben wollte.
3 Tage habe ich mir Zeit gelassen und hin und her ueberlegt und mich dann fuer meine alte Firma entschieden, denn ich arbeite gerne dort, es ist gleich um die Ecke und ich arbeite nur 4 x 10 Stunden dort,, habe also immer 3 Tage Wochenende.
Und die 13 Dollar die Stunde fand ich auch fair, denn 1,80 dollar mehr waere fuer Sprit draufgegangen und da die andere Firma ja so eine komische Regelung mit der Bonuszahlung hatte, verdiene ich in meiner alten Firma mehr wenn ich Ueberstunden mache (naemlich 19,50 und in der neuen Firma waeren es nur 16 Dollar gewesen).
Mal sehen,ob das die richtige Entscheidung war.

Bis jetzt ist der Computer und der Schreibtisch noch nicht da, ich hoffe, das geht jetzt schnell.

Nun noch ein bisschen ueber den amerikanischen Alltag.
Es ist schoen hier zu leben. Die Menschen sind nach wie vor sehr freundlich, auch wenn man kein "Urlauber" ist, viel kundenfreundlicher und ich liebe den kleinen smalltalk hier und da.
Was das oberflaechliche angeht, kann ich das allerdings auch bestaetigen, diesmal aus der Sicht meiner Tochter.
Sie sagt, dass alle superfreundlich sind in der Schule und es kommen dauernd Angebote, wir muessen uns mal treffen dieses Wochenende und dann wird etwas geplant und im letzten Moment sagen sie dann ab.
Meine Tochter sagt jetzt immer "jaja" und rechnet schon gar nicht mehr damit, dass es klappt, aber sie hat schon die eine oder andere Ueberraschung jetzt erlebt, dass es doch geklappt hat, da gab es movie-evenings, ice-skating und sleep-overs, aber man kann sich nie darauf verlassen, daher hat sie jetzt aufgehoert, sich darauf zu freuen und freut sich erst, wenn es wirklich klappt.

Ich selbst habe noch keine wirklichen Freundschaften geschlossen.
Das liegt aber eher daran, dass ich nicht rausgehe, weil ich einfach zu platt von der Arbeit bin und es geniesse, zu Hause mit meinem Mann und meiner Tochter "rumzugammeln"
Meine engste Vertraute hier ist meine Schwaegerin Sherry, mit der ich mich super verstehe und mit der ich ueber alles reden kann.
Und wenn ich den Buerojob anfange, dann bin ich auch wieder fit und dann gehe ich mit ihr zu "Planet fitness" und da lerne ich bestimmt ein paar Leute kennen. Hoffentlich. :)

So, genug Seelenstriptease fuer heute.
See ya. :winke
 

Admin

Administrator
Teammitglied
Administrator
am 13.04.2012 um 23:53 (1666 Hits)

Heute mal ein paar Ansichten oder Eindruecke.

Je laenger man hier lebt, desto mehr kulturelle Unterschiede stellt man fest.
Am gravierendsten ist wohl die Kindererziehung.
Auf der einen Seite werden die Kinder hier in Watte gepackt, soll heissen, niemand darf das Schulgebaeude betreten, der nicht einen Visitor Pass hat, den kriegt man am Eingang von der Dame, die dort den ganzen Tag sitzt und aufpasst.
Die Schulbusse fahren die lieben Kleinen direkt vor die Haustuer, damit auch ja nichts passiert auf dem Heimweg und man kann die Kinder auch nicht einfach so abholen, man muss eine Karte ausfuellen und unterschreiben und abgeben, bevor man sein Kind mitnehmen darf (das ist alles Elementary School, auf der High School ist es natuerlich anders).
Und auf der anderen Seite ist es hier scheinbar ganz normal, Kindern mal den Hintern zu versohlen und eine Ohrfeige zu geben.
Wir hatten hier schon heftige Diskussionen darueber, denn ich bin ein ganz klarer Gegner von Gewalt, in jeder Beziehung. Und wer seine Kinder ohne Gewalt nicht erziehen kann, der sollte besser keine haben. Mein GG ist gleicher Ansicht wie ich, ohne das ging es wohl auch nicht.
Aber mit der Ansicht steht man hier ziemlich alleine da, unglaublich. Das ist in Deutschland wirklich anders.
Letztens haben sie bei der Arbeit sogar damit geprahlt, wie sie als Kinder gezuechtigt wurden und fanden das ganz normal. Und natuerlich machen sie das mit ihren Kindern auch.

Krass finde ich auch diese unglaubliche Glaeubigkeit der Menschen.
Ich habe letztens Mrs Doubtfire im Bett geguckt und bin dabei eingeschlafen und wach geworden, als im Fernsehen gerade 6 Maenner ueber Bibel und Kirche diskutiert haben. Erst habe ich gedacht, das ist eine politische Diskussion, aber nee...und so was ist hier so oft.
Dann gibt es eine Christliche Datingseite, fuer die Werbung im Fernsehen gemacht wird, finde deinen gleichgesinnten Partner...
Und und und.
Sagt man mal, dass man zwar an Gott glaubt, aber nicht so sehr an die Kirche als Institution ist man gleich Heide.
Hier wird man auf jeden Fall viel oefter damit konfrontiert als in Deutschland und auch viel hartnaeckiger. Und es gibt wahnsinnig viele junge Menschen, die auch total radikal christlich sind.

Dann ist mir aufgefallen, dass die Polizei viel oefter eingeschaltet wird, als in Deutschland. Zum Beispiel bei Beerdigungen, wenn der Leichenwagen durch die Stadt faehrt, dann faehrt ein Polizeiauto vor und nach dem ganzen Autokorso von Verwandten und Freunden, faehrt noch ein Polizeiauto hinterher.
Ebenso mit Krankenwagen, da faehrt auch ein Polizeiauto vor.

Naechster Punkt ist, dass hier ja alles so auf Hygiene ausgerichtet ist, aber in der Highschool meiner Tochter wird vor oder nach dem Schwimmunterricht nicht geduscht, dafuer haette man keine Zeit....
Und es waere ja Chlor im Wasser.
Iiiiiihhh.
Haette ich das frueher gewusst, haette ich da eingegriffen, meine Tochter hat mir das aber erst erzaehlt, als sie nur noch eine Stunde vor sich hatte und da wollte ich dann kein Fass mehr fuer aufmachen.
Und die Friseursalons....iiiihhhh, da gibt es ja sogar einen extra Fred hier im Forum, geh ich jedenfalls nicht mehr hin.

So, das war's erst mal wieder. :winke
Bis bald
 

Admin

Administrator
Teammitglied
Administrator
am 02.05.2012 um 03:17 (2109 Hits)

Krankenhaus in Amerika

Wieder eine Erfahrung mehr, an der ich euch teilhaben lassen moechte.
Diesmal allerdings aus nicht so tollem Anlass, denn gestern und heute habe ich das erste Mal ein amerikanisches Krankenhaus von innen gesehen und viel Zeit dort verbracht und muss sagen, war schwer beeindruckt.

Anlass war mein GG, der ploetzlich ueber Schmerzen in der Brust klagte und Panik bekam und sofort ins Krankenhaus wollte.
Es stellte sich dann heraus, dass eine Arterie zum Herzen verstopft war und er bekam einen stent.

Nun aber mal zu meinen Eindruecken:
Der Mythos in amerikanischen Krankenhaeusern wird zuerst nach der Kreditkarte bzw. Krankenkassenkarte gefragt bevor irgendwas passiert, hat sich nicht bestaetigt.
Ich habe die Karte sogar angeboten, aber niemanden hat das interessiert, nur der Name und das Geburtsdatum, damit ein Armband gemacht werden konnte, dann ging's gleich in den Untersuchungsraum und EKG, Blutdruck, Blutabnahme, X-Ray von der Brust, das volle Programm wurde durchgezogen.
Null Wartezeit, Doktor war sofort da.
Man wurde ueber alles genau informiert, was als naechstes passiert, worauf gewartet wird, immer wieder schaute jemand nach uns.
Ganz zum Schluss wurde dann nach der Krankenkassenkarte gefragt und ich musste was unterschreiben, da ging es Greg aber schon wieder einigermassen gut.

Er kam dann auf ein normales Zimmer, ich durfte mitgehen, obwohl es mitten in der Nacht war und mir wurde gesagt, wahrscheinlich koennte ich ihn am naechsten Tag abholen.

Das war aber leider nix.
Es ging in der Ambulanz in ein anderes Krankenhaus, weil noch eine Kontrastmitteluntersuchung gemacht werden sollte, denn im Blut hat man festgestellt, das was mit dem Herzen nicht stimmte.

Ich bin dann der Ambulanz hinterhergefahren, die waren total suess und haben sogar, als ich an einer roten Ampel stehen bleiben musste angehalten und auf mich gewartet, dann haben sie mir im Krankenhaus genau erklaert wo ich hinmuss.

Ich hab dann im Parkhaus geparkt, bin in das Riesenkrankenhaus und dachte, ich finde das nie.
Aber dann wurde mir an der Information gesagt, ich musste einfach nur den langen Gang entlang gehen und immer dem gruenen "G" nachlaufen und dann mit dem gruenen Aufzug nach unten fahren.
Dort waere dann das Cath lab, wo ich hinmusste.

Ich bin dann dort angelangt, durch eine Tuer in einen Warteraum, wo mich dann eine total nette Dame gefragt hat, fuer wen ich da waere.
Ich habe dann Gregs Namen gesagt und dann habe ich seine Patientennummer bekommen und konnte auf einem Monitor verfolgen, was gerade mit ihm passierte.
blau: Registration
pink: Pre-Procedure
hellgruen: In Procedure
roetlich: Case end (nein, nicht tot, Untersuchung vorbei :))
orange: post procedure
yellow: out of area (also ab nach Hause)
dunkelgruen: Board (Patient bleibt eine Nacht im Krankenhaus)

Waehrend der pinken pre-procedure Phase durfte ich zu Greg, ich wurde dazu aufgerufen, und mit ihm auf die Untersuchung warten, mit Aerzten sprechen und so weiter.
Dann wurde ich wieder in den Warteraum gebeten, mir wurde gesagt, dass bei der Untersuchung eine Blockade festgestellt wurde und deshalb jetzt stents gesetzt wurden.

Dann wurde ich wieder informiert, dass ich jetzt zu ihm koennte.

Alle waren supernett, super organisiert, alles war supersauber und ich muss sagen, ich war beeindruckt von so viel Kompetenz gepaart mit Menschlichkeit. Wenn man mal irgendwo verloren rumstand, wurde man sofort gefragt, ob man Hilfe brauche. Absolut klasse. :)

Klar, das kostet uns jetzt ein Vermoegen, ist mir aber egal. Meinem Greg geht's wieder gut und morgen darf er nach Hause. :hurra
 

Admin

Administrator
Teammitglied
Administrator
am 25.07.2012 um 21:01 (1468 Hits)

Nach meinem ersten Deutschlandbesuch im Juni 2012 nach genau 10 Monaten USA, bin ich nun wieder zurueck in Canandaigua und hab jetzt wieder ein bisschen mehr Heimweh.

War schon toll, die vielen lieben Gesichter wiederzusehen, aber der Grund der Reise war ja, meine Tochter nach Deutschland zu begleiten und sie dann dort zu lassen.
Das ist mir natuerlich sehr schwer gefallen.

Auf der einen Seite denke ich, dass ich stolz auf sie sein kann, dass sie sich traut, diesen Schritt ohne mich zu gehen, dass sie sich ein eigenes Leben zutraut und den Mut hat, jetzt schon ein bisschen erwachsen zu sein.
Auf der anderen Seite denke ich, dass sie einfach noch nicht bereit dazu ist, oder bin ich es, die noch nicht bereit ist? Wahrscheinlich eher das zweite, wenn ich ehrlich bin. :hmm

Wir haben einmal die Woche geskypt und ich rufe sie zwischendurch mal an, mir geht es eigentlich ganz gut, ab und zu kommen mir halt die Traenen, wie auch jetzt gerade, wenn ich drueber spreche.

Mal sehen, wie es so weitergeht und wie sie sich alleine in Deutschland macht, naja, ganz alleine ist sie ja nicht, gut aufgehoben im Internat ab September und wahrscheinlich ueberwacht per Telefon von meiner Familie und ihrem Papa sowie von mir aus der Ferne.
Zurzeit tingelt sie mit ihrem Freund mit einem Jugendticket von der Bahn durch Deutschland und hangelt sich von einem Festival zum anderen. Zwischendurch geniesst sie die Zeit in Berlin, einer der schoensten Staedte in Deutschland, wie ich finde (neben Wuppertal natuerlich und Koeln und Borkum und und und...).

Bei mir laeuft alles den geregelten Gang.
Ich arbeite, falle abends muede auf die Couch und habe jede Woche ein Drei-Tage-Wochenende, das ich sehr geniesse. Wir verbringen viel Zeit im Garten, wo wir Zucchini, Tomaten, Erdbeeren, Erbsen, Basilikum und Petersilie angepflanzt haben.
Alles waechst wie verrueckt.
Wahrscheinlich weil wir jeden Tag Sonnenschein haben und abends immer fleissig giessen.
Ich habe schon 7 Zucchinis geerntet und habe gestern schnon wieder 4 neue entdeckt, obwohl wir nur 3 Pflanzen gepflanzt haben.

Ab und zu gehen wir auch mal aus, wie zu Konzerten. Eine von Greg's Lieblingsbands spielt einmal im Monat an verschiedenen Plaetzen, da gehen wir dann oefters mal hin, er kennt einige von den Bandmitgliedern von der High School, und ich finde sie auch richtig gut.
Sie sind eine Coverband und spielen Songs von Led Zeppelin, The Who, Pink Floyd, Journey und und und. Der Saenger hat eine unglaublich gute Stimme.

Freunde gefunden habe ich immer noch nicht, aber das liegt auch ganz viel an mir, denn ich habe mir wirklich noch nicht die Muehe gemacht. Zurzeit habe ich einfach keinen Schwung rauszugehen, Fitnessstudios zu besuchen oder irgendwelche Kurse zu machen.
Mein Leben ist ausgefuellt von Arbeit und Familie und Garten und Verarbeitung von tausend Eindruecken, die ich bisher gewonnen habe.

Ich freue mich wahnsinnig darueber, dass Greg sich nun endlich bereit erklaert hat, Deutsch zu lernen.
Ich finde das sehr wichtig, vor allem, wenn er naechstes Jahr mit mir nach Deutschland kommt und wenigstens ein bisschen kommunizieren kann.
Mal sehen, ob er den Enthusiasmus beibehaelt.

Das war's dann erst mal wieder. Bis zum naechsten Mal :winke
 

Admin

Administrator
Teammitglied
Administrator
am 26.09.2012 um 17:25 (1925 Hits)

Viel hat sich seit dem letzten Blog-Eintrag nicht getan.
Ich bin jetzt ueber ein Jahr hier und arbeite auch schon ueber ein Jahr hier in der Firma.
Seit Maerz bin ich aus der kalten Verpackung im kuschelig warmen Buero gelandet und fuehle mich sehr wohl hier. Die Arbeit ist mal mehr oder weniger stressig, und wir koennen uns im Grossen und Ganzen einteilen, wann wir was machen.
Meine Kollegin Laura ist eine gute Freundin geworden, sie kotzt sich bei mir aus und ich umgekehrt genauso. Wir verstehen uns blendend, haben genau die gleiche Einstellung zur Arbeit, den gleichen Humor und ergaenzen uns hervorragend, ist fast so wie mit meinem besten Freund Jens im Buero auf Borkum.

Greg hatte seit Januar angefangen in der gleichen Firma zu arbeiten und das war teilweise sehr stressig.
Zum einen weil man sich dann den ganzen Tag sah und im Grunde keine Minute fuer sich selbst hatte und zum anderen war er mega-eifersuechtig auf meinen Chef und dachte staendig, dass dieser mit mir flirten wuerde, obwohl das nun wirklich nicht stimmte. Vielleicht war es, weil wir manchmal Deutsch gesprochen haben, keine Ahnung :).
Aber seit ca. einem Monat hat er jetzt einen neuen Job gefunden, ist supergluecklich, viel besser drauf, geht mit einem Laecheln zur Arbeit und kommt mit einem Laecheln zurueck.

Zurzeit fahre ich noch jeden Morgen mit dem :bike zur Arbeit, hab jetzt noch mehr Grund dazu, denn meinen schoenen Golf bin ich im Grunde jetzt los, weil Greg immer damit zur Arbeit faehrt, um Sprit zu sparen (er arbeitet in Rochester, das sind ca. 25 Meilen von hier) und mir bleibt der Monster-Jeep, den ich hasse wie die Pest und der auch gar nicht zu mir passt. :)

Meiner Tochter geht es in Deutschland sehr gut, wir telefonieren alle zwei bis drei Tage und sie klingt superfroehlich und ausgeglichen, und bisher konnten wir alle Probleme am Telefon loesen. Mir faellt es sehr schwer, dass sie nicht mehr hier ist. Greg hat mir erzaehlt, dass ich vor ein paar Tagen im Schlaf nach ihr gerufen habe :traurig1, aber daran kann ich mich nicht erinnern.
Heimweh packt mich hier und da, aber im Grossen und Ganzen geht es mir recht gut.:)

Langsam wird es hier auch sehr herbstlich, was hier in der Gegend wunderschoen ist. Die Finger Lakes sind ja eine bekannte Weinregion, entsprechend wunderschoen sind die Farben, die man hier so sieht.
Und irgendwo habe ich gehoert, dass der Winter dieses Jahr nicht so schlimm werden soll, wie sonst. Wenn er wird wie letztes Jahr, dann waere das supergut. Da hatten wir kaum Schnee und relativ milde Temperaturen.

Vorletzten Sonntag haben wir unsere heissgeliebten Kansas City Chiefs in Buffalo spielen sehen. Leider war das ein schreckliches Fiasko, denn sie haben gespielt wie "girls" (O-Ton Greg). Eigentlich eine Frechheit, wenn ich so drueber nachdenke :beleidigt). Ich denke wir Maedels haetten es besser machen koennen.

War aber fuer mich ein tolles Erlebnis ein Football Spiel live zu sehen, das ganze Drumherum, echt ein tolles Spektakel.
Und bis auf einen echten Idioten mussten wir in unseren Chiefs Outfits auch kaum bloede Kommentare ertragen, aber war schon komisch so fast allein zwischen den ganzen Bill's Fans. Naja, einige rote waren noch mit uns da, die wurden dann gebuehrend begruesst.
Greg's Laune wurde allerdings immer mieser, je laenger das Spiel dauerte und zum Schluss sagte er dann: I wish I had a shovel to dig me out of this stadium. :)
Mir konnte das meine schlechte Laune aber nicht verderben, schliesslich hab ich meine Jungs mal live und ganz nah gesehen. Und letzten Sonntag haben sie uns ja dann mit einem megaspannenden Spiel und einem Sieg gegen die Saints entschaedigt. :hurra

Die Atmosphaere bei einem Football Spiel ist unglaublich. Es ist megalaut (ich wuerde sagen lauter als bei einem Fussballspiel, sogar in Dortmund:winke und die Fans sind ja schon toll, naja sind wahrscheinlich ja auch mehr Leute) und dann fliegen Fallschirmspringer ins Stadion, die Hymne wird gesungen, eine Band hat gespielt. Die Fahnenschwinger, die Cheerleaders, macht schon Spass muss ich sagen.

Anderes Thema: Ein bisschen was zur Krankenversicherung wuerde gerne noch schreiben, einfach als Tip fuer neue Einwanderer.

Es lohnt sich wirklich zu rechnen. Und eine High Deductible Versicherung ist gar nicht so schlecht, wie es scheint.
Wir haben das Rechenbeispiel mit Greg's neuem Jobangebot gemacht.
Meine Versicherung 25 Dollar pro Woche, deductible 2600 Dollar im Jahr und danach Abdeckung 100 % in network, Vorsorgeuntersuchungen sind nicht subject to deductible und werden voll erstattet.

Gregs Versicherung hat angeboten:
63 Dollar pro Woche, kein deductible, Abdeckung aber nur 80%, Vorsorgeuntersuchungen waren auch drin.

Ich zahle im Jahr 1300 Dollar, sollte ich schwer krank werden ist das schlimmste was mir passieren kann 2600 Dollar deductible = 3900 Dollar / Jahr.
Greg wuerde schon alleine 3276 Dollar im Jahr nur fuer Versicherung zahlen, muesste zwar kein deductible zahlen, dafuer waere er aber nur 80 % abgedeckt.
Das heisst, wenn sowas passiert wie dieses Jahr: 2 Tage Krankenhaus mit stents setzen = Kostenpunkt 28000 Dollar dann muss er davon 20 % zahlen, mit anderen Worten: 5600 Dollar.
Und an zweiwoechige Krankenhausaufenthalte moechte ich gar nicht erst denken.....

Greg hat sich also fuer COBRA entschieden, das kostet ihn jetzt 53 Dollar pro Woche und er hat das deductible von 2600 Dollar, ist aber immer noch guenstiger als eine spouse Versicherung in meiner Versicherung, da wuerden wir 100 Dollar in der Woche zahlen fuer uns beide und er bleibt in der gleichen Versicherung wie vorher.

COBRA kann er 18 Monate machen und wenn er bis dahin keine bessere Versicherung angeboten bekommt, dann wird er wieder ueber mich versichert.

Es lohnt sich wirklich genau darueber nachzudenken, wie man sich versichert und welche Versicherung am besten fuer einen ist. Und eine Versicherung ohne deductible ist nicht immer besser.

So, das war's erst mal wieder. Bis zum naechsten Mal. :winke
 

Admin

Administrator
Teammitglied
Administrator
am 09.05.2013 um 19:16 (1132 Hits)

Heute mal ein bisschen Geplauder um das liebe Geld.

Da habe ich wohl den Prototyp Amerikaner erwischt, der von der Hand in den Mund lebt, sich keine Gedanken um die Zukunft macht, Freitags seinen paycheck bekommt, diesen dann cashed und alles ausgibt, bis zum naechsten paycheck (manchmal war er aber auch Mittwochs schon knapp bei Kasse).
Jedenfalls war es so, bis ich hierher kam.

Am Anfang hatte ich ja noch keinen Job, daher habe ich dann auch in den ersten 4 Wochen Geld von ihm bekommen, quasi als Haushaltsgeld und fuer mich, aber ich hatte ja auch noch mein eigenes Geld aus Deutschland.

Als ich hierhergekommen bin, hatte er kein Konto, keine Kreditkarte, nix, nur seinen woechentlichen paycheck. Keine credit history oder credit score, aber Schulden,die abbezahlt werden mussten.
Zum Beispielhat er jeden Monat seinem Vater Geld fuer den Jeep, den er sich vor 6 Jahren gekauft hatte, gegeben (500 Dollar im Monat :sparschwein).

“We will bejust fine with money” hat er immer gesagt, er hat ja einen gut bezahlten Job. Hatte er auch, aber ich wusste nicht, dass dieser nicht so supersicher war. Zum Beispiel wurde er dann einfach mal ein paar Wochen “laid off”, weil die Auftragslage gerade nicht so gut war, dies passierte zum Beispiel in dem Jahr als ich hergezogen bin, 4 Wochen vor Weihnachten, Gott sei Dank hatte ich da schon einen Job. Und er hat Arbeitslosengeld bekommen. Trotzdem nicht so prickelnd.

Er hat sich dann entschieden in meiner Firma auch anzufangen, viel weniger Gehalt, aber dafuer Krankenversicherung und ein paar andere benefits, wie bezahlte Feiertage.
Aber es hat ihm nicht gefallen und nun ist er wieder im painting business, arbeitet als temporary in einer Uniklinik. Im August ist er 1 Jahr da, dann muss er 3 Monate aussetzen und kann dann dort wieder anfangen.
And guess what? We will be just fine in den 3 Monaten…. AAAAAAHHHH

Nachdem ich mir das ein paar Wochen angeguckt habe, habe ich unsere Finanzen in die Hand genommen, ein saving account, ein health saving account und ein normales Girokonto eroeffnet.
Eine secured Kreditkarte beantragt und bekommen, dann nach ein paar Monaten eine normale, damit wenigstens einer von uns einen credit score aufbaut.
Ich habe von da an unser Geld verwaltet, Rechnungen bezahlt, Geld zurueckgelegt, und siehe da, jetzt koennen wir Autoreparaturen einfach so bezahlen und selbst die 650 Dollar fuer den neuen Warmwassererhitzer mit Einbau konnten mal eben lockermachen, oh Wunder. Und es ist immer noch Geld da, falls noch was Unerwartetes passiert und fuer unsere Urlaube (ich fliege nach Deutschland, er faehrt mit seiner Tochter Richtung Washington).

Dies alles hat mich viel Kraft, viele Nerven und eine Menge Streits gekostet. Manchmal bin ich nervlich ziemlich an der Grenze zum Ausflippen.

Es kommen eben auch unsere unterschiedlichen Ansichten, was die Ehe betrifft zum Tragen. Er denkt manchmal er kann mir Sachen verbieten (wie z. B. bei der Jobauswahl, ob ich einen Nebenjob habe oder auf Geschaeftsreise gehen "darf".) Der Mann hat das Sagen, ja, das war mal in den 50ern.

Ich bin auch nicht uebermaessig emanzipiert, aber ich wurde von meinem Vater nach dem Motto: "die beste Versicherung ist, wenn du dich selbst versorgen kannst" erzogen worden.
Und wenn Greg seine Schaefchen im Trocknen haette, fuer sich und seine Tochter vorsorgen wuerde und die richtigen Entscheidungen im Leben getroffen haette, dann wuerde ich ja noch auf seine Vorschlaege hoeren, aber so wie er ist, treffe ich Entscheidungen, vor allem was das finanzielle betrifft, lieber selbst.

Ich habe furchtbares Heimweh nach meiner Tochter, der es in Deutschland uebrigens blendend geht und ich sehne mich manchmal nach meinem eigenen kleinen Reich ohne Geldsorgen und Kompromisse.

Wir wohnen ja immer noch bei meinem Schwiegervater, was auch wirklich ok ist, aber es ist eben nicht meine Wohnung, es sind nicht meine Moebel, ich kann nicht einfach Sachen veraendern. Es sind viele Erinnerungen in dem Haus, aber nicht meine.

Und einfach was eigenes suchen geht auch nicht, erstens kann mein Schwiegervater das Haus nicht alleine unterhalten, wir machen eigentlich alles, Haushalt, Gartenarbeit,Reparaturen etc. und zweitens ginge es uns dann finanziell wesentlich schlechter und es waere nicht so einfach, zweimal im Jahr nach Deutschland zu fliegen (und das ist mir wesentlich wichtiger, als unsere Wohnsituation).
Meine Arbeit macht mir Spass, meine Familie hier ist nett, Geldsorgen werden weniger, aber richtig zu Hause fuehle ich mich nicht, kein Wunder ist ja auch irgendwie nicht“mein” zu Hause.

Mit meinem Mann verstehe ich mich nach wie vor sehr gut, wir lieben uns noch genauso wie vorher, obwohl wir wirklich durch einiges zusammen gegangen sind. Wir hatten schon so viele Streits, so viele Versoehnungen, so viele Sorgen, aber auch sehr viel Schoenes.

Wenn ich ihn nicht so lieben wuerde, dann wuerde ich, glaube ich, keine Sekunde ueberlegen, wo ich lieber wohnen wuerde, da waere ich schon im Flieger unterwegs nachDeutschland.

Mir fehlt meine gute Krankenversicherung, die alles zahlt (ich bin hier auch versichert, aber nicht vergleichbar), meine 6 Wochen Urlaub, meine Wohnung mit meinen Moebeln und MEINEN Erinnerungen, mein geregeltes , sicheres Leben und natuerlich allem voran MEINE TOCHTER.

Als naechstes steht das “removal of condition” an, das wir Ende Mai beantragen muessen. Vielleicht lassen sie mich ja einfach nicht hierbleiben…… :habenwill Hab aber keine grossen Hoffnungen :traurig1
 

Admin

Administrator
Teammitglied
Administrator
am 21.08.2013 um 18:58 (1293 Hits)

Kleiner Rueckblick und Resuemee der letzten 2 Jahre, ja, 2 Jahre ist es heute genau her, dass ich hierher gezogen bin, unglaublich, wie die Zeit vergeht.

Was hat sich so alles getan? Haben sich meine Wuensche und Hoffnungen erfuellt? Bin ich gluecklich? Wie sieht es mit Heimweh aus?

Jobmaessig hat sich bei mir eine Menge getan, vor fast 2 Jahren habe ich hier in der Firma angefangen mit 9 Dollars pro Stunde und habe Wuerstchen verpackt, inzwischen arbeite ich im Buero, bekomme 14 Dollar pro Stunde und meine Krankenversicherung wird 100 % vom Arbeitgeber bezahlt.
Mein Aufgabengebiet hat sich entsprechend ausgeweitet, inzwischen mache ich Auftragsbearbeitung, Buchhaltung, Payroll, wir designen labels, machen Produktphotos und nehmen an events teil.
Die Arbeit macht sehr viel Spass, ist sehr vielseitig, und obwohl ich ja nun wesentlich mehr verdiene, kann man mehr schlecht als recht mit dem Gehalt hier ueberleben.

Privat sind wir durch einige Hoehen und Tiefen gegangen. Ich habe erst hier vieles ueber meinen Mann erfahren, vor allem ueber seine finanzielle Situation, die alles andere als gut ist. Dies ist zum groessten Teil, meiner Ansicht nach, selbstverschuldet (natuerlich sieht er das ganz anders, er gehoert eher zu den Menschen, die die Schuld woanders suchen, auch dies habe ich erst hier festgestellt).

Ein Grund fuer jede Menge Probleme war auch die gesundheitliche Verfassung meines Mannes, waehrend der zwei Jahre, die ich hier war, hatte er Probleme mit dem Herzen, hat 2 stents gesetzt bekommen, was unsere finanzielle Situation noch einmal verschlechtert hat, und er hat Probleme mit Schwindel, musste vor kurzem ein MRT machen lassen (was gluecklicherweise nichts angezeigt hat) aber mal wieder eine Riesenrechnung ins Haus flattern liess.
Er ist auch sehr wehleidig wenn er krank ist, bleibt bei einer (fuer mich) kleinen Erkaeltung schon 3 Tage zu Hause, was hier immer heisst, es kommt kein Geld rein, denn sowas wie bezahlte Krankheitstage hat mein Mann nicht.

So kam es dann, dass er zwar stundenlohnmaessig immer sehr viel mehr Geld verdient hat als ich, aber in der Summe mit all seinen Fehltagen, Jobwechseln, zeitweise Arbeitslosigkeit und (meiner Meinung nach auch selbstverschuldet) kein Arbeitslosengeld zu bekommen, habe ich im Schnitt wesentlich mehr verdient als her.

Im ersten Jahr hat meine Tochter ja noch hier bei uns gewohnt, aber ja dann entschieden wieder nach Deutschland zurueckzugehen.
In diesem ersten Jahr kam es zu sehr vielen Konflikten auch aufgrund unserer Kinder, denn mein Mann und ich haben eine grundverschiedene Einstellung zur Erziehung, da sind wirklich zwei Welten aufeinander geprallt.

Ich habe ein paar Dinge, die mir sehr wichtig sind: Offenheit, Ehrlichkeit, gute Manieren, gute Bildung (wurde in fruehester Kindheit gefoerdert und ist jetzt ein Selbstlaeufer, lesen wurde unterstuetzt, Neugierde befriedigt etc.) und unerschuetterliche Liebe zu meiner Tochter
Mein Mann setzt mehr auf streng sein, little white lies are ok, Manieren sieht man hier etwas anders, Bildung - es ist ok, 12 Stunden am Tag am Computer auf Facebook zu verbringen oder mit Freunden zu chatten und sich im Zimmer einzuschliessen, obwohl man erst 11 bzw. jetzt 12 ist, aber sobald schlechte Schulnoten ins Haus flattern, wird ohne Sinn und Verstand gebueffelt. usw. und so fort.....

Konflikte waren und sind da vorprogrammiert.

Jetzt, wo meine Tochter nun schon seit einem Jahr in Deutschland ist, kommt natuerlich immer mehr ein weiteres Problem zum Tragen: das Heimweh.
Dieses hat sicherlich zu 80 % mit meiner Tochter zu tun (und meiner Familie und Freunden), 10 % ist das Vermissen meines alten Lebens (meiner Freiheit, Ruhe und Unabhaengigkeit, scheint so, dass ich eher der Einzelgaengertyp bin und vom Eheleben schnell genervt) und die restlichen 10 % sind Existenzaengste, die ich in Deutschland niemals hatte.
Das alles zusammen fuehrt dazu, dass ich meine deutsche Heimat wie verrueckt vermisse, und es wird auch nicht wirklich besser (man sagt ja, die Zeit heilt die Wunden, kann ich nicht bestaetigen).

Ich habe auch viele Gespraeche mit meinem Mann darueber gehabt, vieles versteht er, vieles versteht er auch nicht.
Sein Verstaendnis ist allerdings groesser geworden, hat er am Anfang einen Mordsaufstand gemacht, wenn ich meine Familie alleine besucht habe (von wegen er ist ja so allein und vermisst mich so furchtbar und findest es nicht in Ordnung, dass ich ohne ihn Urlaub mache) ist er inzwischen bereit, sogar einem dritten Aufenthalt pro Jahr bei meiner Familie "zuzustimmen" nur damit ich bei ihm bleibe und ihn nicht verlasse.

Klar, sein Leben hat sich ja auch um 100 % verbessert, seine finanziellen Sorgen (falls er sie hatte, ich glaube, er war da eher unbedarft) gehen gen Zero, denn wir stehen jetzt eigentlich ganz gut da, haben erwas Erspartes, haben Krankenversicherung etc. (alles nur, weil ich unsere finanziellen Angelegenheiten in die Hand genommen habe), sein Verhaeltnis mit seiner Tochter ist besser geworden, weil ich dafuer gesorgt habe, dass es ok ist, auch mal Freundinnen zu treffen, waehrend des Wochenendes beim Papa, was vorher tabu war und es wird fast jeden Tag frisch gekocht, weil ich Junkfood auf die Dauer nicht ausstehen kann. Er hat auch vieles gelernt, denke ich. Nicht, dass ich ein Genie bin, dass sein Leben in allen Lebenslagen meistert, aber es gehoert nicht viel dazu es besser zu machen als mein Mann, von daher sieht er mich als sein Hero.

Ein paar Mal war ich auch drauf und dran meine Sachen zu packen und zurueck nach Deutschland zu gehen. Auch im Moment bin ich hin- und hergerissen zwischen der Liebe zu meinem Mann und der Unzufriedenheit, mit der ich hier in Amerika zu kaempfen habe und dem Heimweh.
Und wenn ich ganz ehrlich zu mir selbst bin, so ist die Liebe zu meinem Mann auch schon kleiner geworden, denn viele Ansichten und Verhaltensweisen kannte ich einfach vorher nicht, und vieles davon ist fuer mich nicht akzeptabel.
Zum Beispiel seine Einstellung zum Umweltschutz, sein Desinteresse an Politik und sein Konzentrieren auf die unwichtigen Dinge im Leben.

Vieles ist sicherlich in den kulturellen Unterschieden zu finden, Amerikaner ticken eben doch allgemein etwas anders als Deutsche und wenn man als gestandenes Weibsbild hierher kommt, ist es eben schwer, sich umzustellen oder vielleicht will man auch gar nicht?
Ich will damit nicht sagen, dass dies allgemeingueltig ist, aber vielleicht versteht der eine oder andere Auswanderungswuetige es als Warnung, vor allem die, die zu einem amerikanischen Partner ziehen.
Man lernt sich sehr gut durch skype und Besuche kennen, aber eben nicht so, wie man sich kennenlernt, wenn man zusammen lebt und Probleme gemeinsam meistern muss.

Ich schreibe mir hier den Seelenmuell von der Seele, einerseits damit es mir besser geht und anderseits auch, um manchen den Blick in die Realitaet zu verschaerfen.

In diesem Sinne, :winke
Liebe Gruesse
Anja
am 21.08.2013 um 18:58 (1293 Hits)
 
Oben